Amrei und der neue Lover
Sie war noch nicht lange bei uns, das menschenfreundliche Schäflein Amrei. Sie war mit der Flasche aufgezogen worden, ganz der Mittelpunkt und herdenlos zurückgeblieben bei fürsorglichen Tierfreunden. Das hatte sie geprägt. Und klein war sie noch, bar aller Mutterfreuden, natürlich. In die Herde bei uns integriert zu sein, das dauerte, die kleinen Böcke wurden kampflustig ferngehalten, am liebsten war sie in der Nähe zu uns Menschen, damals noch. Ein Liebhaber war nicht auszumachen, da lief rein gar nichts.
Betätigungsfeld – unser Feld. Die Herde blieb zunächst unbeeindruckt – nicht so unsere kleine Amrei – der mochte ihr schon gefallen, dieser stolze Bursche! Vorsichtig war er wohl, gerade, weil wir auch seine Annäherungen über Tage verfolgten, gebannt vermerkten, wie er stets näher kam, bis an den Weidezaun, mit kühnen Sprüngen mal kurz herüber und wieder hinfort, sobald wir auftauchten. Wir lockten ihn mit Futter, uns imponierte er schließlich auch. Und Amrei graste so verdächtig nahe an der fadenscheinigen Begrenzung, die nur für die Herde, nicht aber für den forschen Springinsfeld ein Hindernis darstellte.
Man lernte sich kennen. Amrei zog seine sehnsüchtigen Blicke auf sich – und sie genoß es wie alle Weiber, keine Frage. Wehe, wenn er nach den anderen schauen ging: ein Geplärre, ein schäfisches Gezeter setzte ein, daß er gleich die Nerven verlor und nur noch nach ihr schaute – damit war es dann gut; zufrieden fraß sie weiterhin ihr Gras, rupfte geradezu unbeteiligt die Ränder der Wiese zum Zaun hin frei, kaum ihn beachtend, sie tat, als bemerke sie ihn nicht, die falsche Schlange. Und er: trief, sabber, hechel, man kennt das ja. Amrei war es wohl ums Herze.
Gehen wir nicht zu sehr ans Schlüsselloch, es kam die Zeit des Näherkommens, in trauter Zweisamkeit standen sie beieinander, eines Tages und wir sagten: Als Verlobte lassen grüßen. Anrührend und niedlich zu sehen, das feine Pärchen.
Doch das Ende vom Lied: drei andere waren offensichtlich von ihm geschwängert, es kamen außer der Reihe einige braune Zupfelchen auf die Welt in jenem Sommer ( und sonst kommt der Nachwuchs bei unseren Schafen am Jahresanfang ) – braune
borstenhaarige Nachkommen dieses Lovers, der Amrei leer ausgehen ließ!
Nachdem er auch noch Sabine durch Attacken bei der Fütterung (es stieg ihm alles sehr schnell zu Kopf ) empfindsam in ihrer Gesundheit beeinträchtigte (noch heute hat sie Knöchelschmerzen an der Hand, die ihn fütterte ), mußte der rabiate Wiesengrobian entfernt werden. Es setzte ein Aufatmen ein, die Vorsicht zuletzt sträflich mit den Worten vernachlässigt: „Schaut mal, wie nahe er jetzt schon kommt.“ Und wie er gekommen war! Die Gefahr ist nun endlich gebannt, der Straftäter ist in sein früheres Betätigungsfeld zurück überführt worden.
Amrei sah im darauffolgenden Frühjahr Mutterfreuden entgegen, ein solides Böckchen der herkömmlichen Art ließ sie den Weg in die Herde finden. Wir glauben nicht, daß sie diesem Lackaffen von einem Bock lange nachgetrauert hat. So dämlich ist ein Schaf nun auch wieder nicht.
quelle: aus "Sa Tiere kon" (2002)
Wer noch mehr von ihm, Wolfgang Becher, lesen möchte, der kann das HIER oder HIER tun, das/der blog ist noch im aufbau ;)
Herrlich♥ Ganz nach meinem Gusto und ich habe mich dort auch mal gleich niedergelassen.
AntwortenLöschenDas ist also den Schatz :-)
Ich danke dir jedenfalls fuers Vorstellen, so habe ich nach einer besch****** Mail doch heute frueh noch was zum Schmunzeln gehabt.
Dir einen schoenen Tag (hier hat es vorhin uebrigens etwas geregnet) und ganz liebe Gruesse